Der Reformationstag, der jedes Jahr am 31. Oktober begangen wird, erinnert an ein bedeutendes Ereignis der europäischen Kirchengeschichte: den Beginn der Reformation. Am 31. Oktober 1517 schlug der deutsche Theologe Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg. Diese Thesen waren eine kritische Auseinandersetzung mit dem Ablasshandel, durch den die Gläubigen gegen Bezahlung Sündenvergebung erlangen konnten. Luthers Ziel war es, eine theologische Debatte über die Rolle der Kirche und die Praxis des Ablasses zu entfachen, was letztlich zu tiefgreifenden Veränderungen in der christlichen Welt führte.
Die Veröffentlichung der Thesen markierte den Auftakt zu einer Bewegung, die weit über Deutschland hinaus Wirkung entfaltete. Sie legte den Grundstein für die Spaltung der westlichen Kirche in die römisch-katholische und die evangelische Kirche. Luther forderte die Rückbesinnung auf das Evangelium und eine Abkehr von kirchlichen Praktiken, die er als unbiblisch empfand. Besonders betonte er das Prinzip der sola scriptura (allein die Schrift), wonach die Bibel die einzige Grundlage des Glaubens sei, sowie sola fide (allein der Glaube), das besagt, dass der Mensch allein durch seinen Glauben an Gott gerechtfertigt werde.
Die Reformation hatte nicht nur religiöse, sondern auch politische, kulturelle und soziale Auswirkungen. Sie führte zu tiefgreifenden Veränderungen in Europa, darunter die Entstehung neuer protestantischer Kirchen, die Stärkung des Individualismus und die Förderung von Bildung, da Luther auch die Bibel ins Deutsche übersetzte, um sie für das Volk zugänglich zu machen. Dadurch trug die Reformation wesentlich zur Entwicklung der deutschen Sprache und Literatur bei.
Heute wird der Reformationstag vor allem in den evangelisch geprägten Regionen Deutschlands, wie Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Niedersachen, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg als gesetzlicher Feiertag begangen. An diesem Tag finden vielerorts Gottesdienste und Gedenkveranstaltungen statt, die an Luthers mutige Tat und ihre weitreichenden Folgen erinnern. Auch im ökumenischen Dialog zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen spielt der Reformationstag eine wichtige Rolle, da er die Möglichkeit bietet, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede ins Gespräch zu kommen.
Insgesamt ist der Reformationstag nicht nur ein kirchliches, sondern auch ein historisches Ereignis, das an einen Wendepunkt in der europäischen Geschichte erinnert und bis heute in seiner Bedeutung nachhallt.